Den armen Kater Fridolin
Zieht’s neuerdings zum Nachbarn hin
Eigentlich ist er nicht arm
Vor allem fehlt’s ihm nicht an Charme
Doch seit Wochen ihn die Sehnsucht plagt
Und Liebeskummer an seiner Seele nagt
Nebendran wohnt Fräulein Mieze Katz
Und Fridolin will sie zum Schatz
Denn sie ist so wunderschön
Auch von Weitem anzusehen
Ganz nahe mag er bei ihr sein
Miauen: Ach, du Süße mein
Und so denkt er eifrig nach
Was einst Opa zu ihm sprach
Willst du eine Mieze haben
Musst du in deinem Wortschatz graben
Einen Liebesgruß ihr schreiben
Sie soll für immer bei dir bleiben
So zückt der Kater einen Stift
Dein Blick so tief ins Herz mich trifft
Schreibt er eifrig auf ein Blatt
Und wie doll er lieb sie hat
Sie möge ihn doch bald erhören
Mit ihrer Schönheit ihn betören
Mein Herz, das tut mir ach so weh
Wenn ich dich nur von Ferne seh
Willst du mein teures Herzblatt sein
Bei Tag und auch im Mondenschein
So komm heraus aus deinem Haus
Dann schenk ich dir auch eine Maus
Die Mieze sitzt derweil ganz fein
Auf dem Fensterbrett daheim
Schaut sehnsuchtsvoll zum Nachbarhaus
Wo täglich geht der Kater ein und aus
Ach nein, er schwebt auf weichen Pfoten
majestätisch überm Boden
Ach schwarzer Kater, schau mich an
Ich sehne mich nach einem Mann
Der ist so wunderbar wie du
Ach, ich finde keine Ruh
Bis du endlich mich erblickst
Mir eine Liebesbotschaft schickst
So schaut sie suchend aus dem Fenster
Und glaubt zu sehen dort Gespenster
Sieht sie doch den Kater schön
Zu Nachbar Heinrichs Katze gehn
Dieses Biest mit rotem Fell
Soll nicht sein sein Liebesquell
Sag, kennst du das Fräulein Mieze Katz
Miaut der Kater und erhebt zum Gruß die Tatz
Der roten Schönheit schnell entgegen
Die ihn anschaut so verwegen
Als wollte sie gleich fressen ihn
So sehr zieht sie’s zum Kater hin
Ach, das Fräulein Mieze Katz
Ist doch nur ein kleiner Fratz
Unreif wie grüne Tomaten
Komm mit mir in unsern Garten
Ich will dich kraulen und besingen
Und bald dir kleine Kätzchen bringen
Die Rote streift ihn von der Seite
Bevor der Kater sucht das Weite
Die Mieze auf dem Fensterbrett
Findet das nun gar nicht nett
Ein lautes Mauzen durch die Stube gellt
Und die Miez vom Brette fällt
Er liebt mich nicht, schreit sie hinaus
Ich mach der Roten den Garaus
So schmiedet sie den Todesplan
In ihrem heißen Liebeswahn
Will der anderen an den Kragen
Gehörig ihr die Meinung sagen
Rote, was willst du von mir
Mein Herz gehört schon lange ihr
Der, die dort am Fenster sitzt
Sagt der Kater ganz erhitzt
Zu der wilden, schönen Katz
Ich liebe jenen süßen Fratz
Er hört die wilde Schönheit fauchen
Kann nur nicht ab mehr tauchen
Pfoten prasseln auf ihn ein
Schlimmer hätt’s nicht können sein
Die Verschmähte schnaubt vor Wut
Und der Kater trieft vor Blut
Geschlagen schleicht er lahm von dannen
Zuhause muss er sich erst fangen
Doch wo ist meine Botschaft hin
Blitzt es ihm da durch den Sinn
Ich wollte sie doch überbringen
Und ein Ständchen ihr noch singen
Doch das Blatt ist nicht mehr da
Buchfink sah wie es geschah
Bei der wüsten Balgerei
Ging Kater wohl der Pelz entzwei
Sein Brieflein fiel auf eine Wiese
Ward fortgeweht von einer frischen Brise
Der Buchfink hat es sich geschnappt
Und weil er Ärger hat gehabt
Mit der roten Nachbarmieze
Fliegt er es eilends von der Wiese
Zum Kasten der Familie Katz
Bringt die Post vom Kater für den süßen Fratz
Die feilt gerade ihre Krallen
Als Mutters Rufe durch die Räume hallen
Kleine Maus, ein Brief für dich
Ich leg ihn unten auf den Tisch
Mieze lässt die Feile fallen
Vergessen sind die stumpfen Krallen
Ein rotes Herz den Umschlag ziert
Mieze nach den Liebesworten giert
Die im Umschlag sich verstecken
In des weißen Blattes Ecken
Reißt ihn auf, es springt das Herz
Vergessen ist der Liebesschmerz
Der schwarze Kater hat geschrieben
Er wolle sie für immer lieben
Mauzen ihr sein schönstes Lied
Bis der Storch gen Süden zieht
Und in den kalten Winter rein
Will er auch ihr Liebster sein
So schleicht sie mit Bedacht
Sich in die Dunkelheit der Nacht
Wo der schöne Kater weilt
Die beiden schnell das Glück ereilt
Unter des Himmels Sterne
Haben sie sich ziemlich gerne
Der Buchfink zwitschert es vom Dach
Und macht die rote Katze wach
Die kann ihr Unglück gar nicht fassen
Und schreit: Auf immer werde ich ihn hassen
Nie kann ich diese Schmach vergessen
Und irgendwann werd ich ihn fressen
Der Fink ein fröhliches Liedchen singt
Das nach Liebesschwüren klingt
Und von der Eifersucht erzählt
Die nun des Nachbars Rote quält
Bis ein neuer Kater kommt vorbei
Dann ist ihr der Schwarze einerlei
UKo - 2016